Hallo Rejne, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Wildcorn kurz vor:
Dass wir einmal eine eigene Snack-Brand konzipieren würden, zeichnete sich in unseren Anfängen der beruflichen Laufbahnen noch nicht ab.
Wildcorn wurde von Tobias, Max und mir gegründet. Tobias begann seine Karriere als Sommelier. Max hat Geografie studiert und dann eine Software–Plattform zum Verwalten von Literatur gebaut, witzigerweise dachten alle, dass es sich dabei um Pornos dreht. Ich habe eine Zeit lang Kunstgeschichte in London studiert und bin dann für 20 Jahre in der Werbung und Markenstrategie gelandet.
Vielleicht möchtest Du uns euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?
Wir sind Wildcorn und unsere Vision ist: “Have a snack. Save an ecosystem.“ Das heißt: wir bauen Produkte, die nachhaltig sind, aber auch Spaß machen.
Das Problem: Allein das Wort Nachhaltigkeit ist sehr funktional und steht zwar für notwendige Kompromisse, aber noch lange nicht für Geschmack und Genuss.
Das wollen wir unbedingt ändern und bauen quasi eine erste Impact-Spaß-Marke.
Als Firma gleichen wir unseren Rohstoffverbrauch (Mais & Kartoffeln) aus, indem wir mit jeder produzierten Verpackung sogenannte Blühstreifen an bewirtschafteten Feldrändern anlegen. Wir schützen damit bedrohte Lebensräume für Bienen.
Unsere Produkte nehmen sich selbst aber nicht ernst und sind in erster Linie Garant für leckere Momente in allen Lebenslagen.
Welches Problem wollt Ihr mit Wildcorn lösen ?
Unsere Mission ist „Snacken ohne schlechtes Gewissen”
In der Herstellung verzichten wir auf Zutaten, die keiner kennt und keiner haben will. Das heißt unsere Produkte sind:
- ohne Zuckerzusatz
- ohne Konservierungsstoffe
- ohne Farbstoffe
- bio & vegan sind sie natürlich auch
Wie ist die Idee zu Wildcorn entstanden ?
Wir kennen uns über Freunde und die Idee, neue Snacks zu entwickeln ist entstanden, weil wir einfach gelangweilt waren von der verstaubten Auswahl. Die Snack-Regale wurden bisher von frittierten Kartoffelchips beherrscht, deren einzige Innovationen diverse Geschmacksrichtungen, wie „Döner Kebap“ und „Stadion-Wurst“ oder Einhorn-Designs sind.
Dass die Snack-Branche auch scheinbar gegen den Bio-Trend immun ist haben wir als zusätzliche Herausforderung angenommen und bauen ausschließlich Bio- und Clean Label Produkte wie Chips, Flips, Balls & Popcorn.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Wildcorn erklären ?
„Das schmeckt Dir nicht, vor allem ärgern Dich die ganzen Krümel unter den Dritten.
Aber wir retten damit die Umwelt 😉 “
Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?
Seit dem Start hat sich Einiges verändert und wir haben viel dazu gelernt. Wir haben mit herzhaftem Popcorn angefangen und damit eine Nische besetzt, aber um weiter zu wachsen und unsere Idee in die Masse zu bringen, mussten wir unsere Produkte weiterentwickeln. Zu Beginn von Wildcorn haben wir gedacht, dass unsere Snacks in Bio-Märkte gehören, aber mittlerweile haben wir festgestellt, dass Supermärkte, Discounter und auch Drogeriemärkte unser Schlüssel sind, um eine etablierte Snack-Marke zu schaffen.
Im Herbst 2019 haben wir die Wildcorn Balls, herzhafte Maisbällchen, zu ALDI gebracht und im Januar 2020 haben wir bei dm das erste süße Popcorn ohne Zuckerzusatz verkauft. Unser Portfolio ist mittlerweile auf ca. 15 Produkte gewachsen und wir entwickeln sicherlich noch einmal genauso viele in den nächsten 24 Monaten.
Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?
Unsere Snacks sind zwar innovativ, aber unser Vertriebsmodell doch sehr konventionell – Hauptkanal ist der Einzelhandel. Online ist für uns hinsichtlich des Umsatzes wenig relevant, denn die meisten Kunden nehmen Snacks nach wie vor im Laden mit und bestellen diese nicht im Internet.
Wie genau hat sich Wildcorn seit der Gründung entwickelt ?
Wildcorn wurde sehr gut angenommen.
2018 war Wildcorn Popcorn Teil der ersten Generation des METRO Startup Regal und wurde eines der meistverkauften Produkte. Im Rahmen des EDEKA Food Starter Accelerator schaffte es Wildcorn ebenfalls auf die vordersten Plätze und beim REWE Startup Award unter die Top 5 von mehr als 170 Bewerbern. Im August 2018 haben wir den Eurowings Startup Pitch gewonnen und wurden 2019 Teil der offiziellen Deutschen Delegation auf der Fancy Food Show in New York.
Im Februar waren wir das erste Mal Aussteller auf der BIOFACH in Nürnberg, der weltweit größten Bio-Messe, und haben mit einem neongrünen Stand die Blicke auf uns gezogen. Es war eine spannende Aktion, wir mussten selbst tapezieren und einen Küchenblock als Theke auf und wieder abbauen. Stressig, aber auch eine tolle Erfahrung.
Eigentlich für Mai geplant, aber in den Oktober vorschoben: Wir bringen eine völlig neue Marke und neues Format mit ALDI Süd als exklusiven Launch-Partner heraus.
Außerdem sind wir ab September in allen 2000 DM-Filialen fest im Regal.
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?
Mittlerweile besteht unser Team aus knapp über 10 Mitarbeitern, die uns tatkräftig unterstützen und auch in dieser schwierigen Phase zu uns gehalten haben. Sie ermöglichen es uns, weniger Zeit mit dem operativen Geschäft zu verbringen und unseren Aufgaben als Geschäftsführer angemessen nachzukommen. Zugegeben fällt es uns manchmal schwer uns nicht von Kleinigkeiten ablenken zu lassen, aber ich denke das spricht für unsere Liebe zum Detail.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?
Ach, eigentlich alles was man sich so vorstellen kann – wir haben kaum ein Lehrgeld nicht gezahlt. Ich denke, die größte Niederlage haben wir mit unserer ersten richtigen Innovation seit dem ursprünglichen Popcorn verzeichnet. Wir haben Rezepte in einem Panel getestet und den Sieger als neues Produkt konzipiert. Der Zeitpunkt war perfekt und wir haben zum ersten Mal auch Marketing gemacht: Es hat alles nichts geholfen: Es wurde noch nicht einmal ein Ladenhüter, sondern ist ein Lagerhüter geblieben. 50.000 Einheiten und kein Händler wollte es haben.
Unter denen, die die Chance hatten, es zu kaufen genießt es bis heute Kultstatus.
Was habt Ihr daraus gelernt ?
Weitermachen.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?
Wildcorn ist ein nachhaltigkeitsgetriebenes Unternehmen. Wir wollen die Dinge besser machen als die Platzhirsche, trotzdem steht dabei der Spaß im Vordergrund.
Ein besonderes Augenmerk gilt bei uns den Bienen, um sie und andere Kleinlebewesen zu schützen haben wir gemeinsam mit Mellifera e.V. die Wildcorn Initiative ins Leben gerufen. Gemeinsam statten wir für jedes Kilogramm Mais oder Kartoffeln die benötigte Fläche Ackerland mit einem Blühstreifen aus. Bisher haben wir bereits über 3880.000m2 Blühstreifen in Bayern, Brandenburg und Baden-Württemberg gepflanzt.
Unser nächster Schritt sind vollständig recyclebare Verpackungen. Das Problem: nachhaltige Verpackungen weisen meist nicht die Eigenschaften auf, die wir brauchen, um unsere Snacks ohne Konservierungsstoffe haltbar machen zu können. Daher haben wir gemeinsam mit unserem Partner Innovia Films eine Verpackung entwickelt, die vollständig recycelbar ist und gleichzeitig die notwendige Hoch-Barriere bietet. Im September 2019 wurde diese Weltpremiere auf der FachPack vorgestellt.
2020 werden wir alle Produkte auf recyclingfähige Verpackung umstellen.
Wie ist Euer Startup finanziert ?
Bis 2017 konnten wir noch alles selbst finanzieren, seitdem aber haben wir aber Investoren an Board.
Bis Ende des Jahres werden wir schaffen, wir Wildcorn profitabel sein.
Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?
Wir wollen auf der einen Seite natürlich eine Marke bauen, die Leute mögen und die sie sich in ihrem Leben wünschen – wir werden dazu in den nächsten Monaten ein sehr viel breiteres Portfolio an Produkte auf den Markt bringen und hoffen so, gute und nachhaltige Alternativen für die bestehenden Snack-Produkte zu schaffen. Auf der anderen Seite wollen wir aber noch viel weiter und haben gerade das Future Packaging Forum gegründet – hier bauen wir eine Wissensplattform und ein Netzwerk zum Thema nachhaltige Verpackung auf. Ziel ist es, Startups und aber auch alle anderen Unternehmen mit den Herstellern von wirklich nachhaltigen Verpackungslösungen zusammenzubringen, damit nicht jeder immer wieder von vorn anfängt und auf alte, schlechte Standards setzen muss. Das ist eine Mission hinter der Mission und wir halten bereits fleissig Vorträge dazu im ganzen Land.
Wenn ihr dazu mehr wissen wollt, meldet euch gern bei Anja ak@futurepackagingforum.com
Vielen Dank für das Interview.
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