Hallo Philipp, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Rehago kurz vor:
Ich bin Philipp, 30 Jahre alt und ursprünglich vom Bodensee. Rehago gibt es als Projekt seit 2016, wo es aus einem Studienprojekt in meinem Masterstudium entstand. Seitdem ist es meine Passion und Hauptfokus, Rehago zu einem erfolgreichen Produkt und Unternehmen zu machen.
Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?
Rehago ist ein Virtual Reality Medizintechnik Unternehmen. Dabei ist Rehago selbst eine Software, die halbseitig gelähmten Menschen (z.B. nach einem Schlaganfall) bei einem schnelleren Wiedereinstieg in ein eigenständiges Leben hilft. Mit modernen VR-Brillen ist das Erweitern und Ausbauen der üblichen Trainingsmethoden wunderbar möglich und die Patient:innen haben die Möglichkeit eines günstigen, mobilen und selbstständigen Heimtrainings.
Welches Problem wollt Ihr mit Rehago lösen ?
Jährlich gibt es über 450.000 neue halbseitig gelähmte Menschen, größtenteils durch Schlaganfällen. Das Gesundheitssystem ist mit ihnen heute schon überlastet, ganz abgesehen von der erhöhten Belastung durch den demografischen Wandel, wodurch auch die Zahl der Schlaganfälle in den nächsten Jahren zunehmen wird. Patient:innen haben nach der stationären Rehabilitation oft nur eine halbe Stunde alle zwei Wochen mit ihrem Therapeuten, wenn sie eigentlich ca. 2-3 Stunden am Tag trainieren sollten. Methoden für Heimtraining sind jedoch oft eintönig, wenn sie überhaupt zur Verfügung stehen.
Wie ist die Idee zu Rehago entstanden ?
Mein Mitgründer Johannes und ich hatten die Idee in einem Studienprojekt an der Uni Tübingen in 2016. Dort war das Ziel, ein Brain-Computer-Interface (BCI) mit dem Verwenden von VR-Brillen zu verbinden. Statt das BCI zu behalten, wurde es in Tests mit der VR-Anwendung immer deutlicher, dass die Zielgruppe (Schlaganfallpatienten) mit lediglich der VR-Brille ebenfalls deutliche Fortschritte zeigte. So spezialisierten wir uns auf die Entwicklung der VR-Software, wodurch das Ganze auch sehr viel einfach direkt zu Patient:innen nach Hause finden kann statt mit einer komplizierten BCI Anwendung, die im Klinikum stattfinden müsste.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Rehago erklären ?
Rehago ist ein Reha-Heimtraining nach dem Schlaganfall, das Spaß macht und dazu motiviert, täglich zu trainieren. Mit regelmäßigem Training ist eine schnellere Rückkehr zum selbstständigen Leben möglich.
Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?
Überraschend wenig. Es ist viel drumherum entstanden, wie ein großes Team und viele weitere Entwicklungen in der Software, aber das Konzept von Rehago selbst ist sehr gleich geblieben seit wir das erste Mal eine Übung konzipierten.
Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?
Rehago kann als monatliches Abo erworben werden, wenn es sich um einen Geschäftskunden (Klinik oder Praxis) handelt. Für Patient:innen selbst sind wir gerade im Begriff, eine DiGA zu werden (digitale Gesundheitsanwendung), was bedeuten würde, dass die Krankenkassen Rehago für Reha-Patienten erstatten würden und Ärzte Rehago verschreiben können. Das ist Stand Mitte Juni 2021 noch nicht soweit – wir erwarten in Kürze die Entscheidung.
Wie genau hat sich Rehago seit der Gründung entwickelt ?
Unser Team ist stark gewachsen. Waren wir bei der Gründung nur die 4 Gründer:innen, so umfasst unser Team jetzt fast 20 Personen. Wir sind inzwischen auch von Reutlingen nach Leipzig gezogen und haben ein echtes Büro, was am Anfang der Startup-Tage ein Traum war. Die Rehago-Software für die Übungen mit der VR-Brille hat nun eine Begleit-App für den Therapeuten und das Produkt hat viel mehr Übungen und Funktionen als anfänglich.
Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?
Wie bereits erwähnt sind wir seit dem Anfang stark gewachsen. Momentan sind wir 17 Mitarbeiter:innen. In naher Zukunft, wenn wir tatsächlich DiGA werden, wird da noch ein größerer Zuwachs auf uns zukommen, sowohl in Verkaufszahlen als auch in Teammitgliedern.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?
Als junge Unternehmer ein Team aufzubauen ist immer mit Schwierigkeiten verbunden. Natürlich gab es auch bei uns durch Corona einige Herausforderungen denen wir uns stellen mussten (beispielsweise ging das Besuchen von Kliniken und Praxen sowie Patient:innen nicht mehr so einfach). Was am meisten schief lief würde ich sagen war, dass wir den Aufwand von einigen bürokratischen Hürden unterschätzten und sich dadurch ein paar Sachen ganz schön in die Länge zogen.
Was habt Ihr daraus gelernt ?
Man lernt immer mehr, dass Pläne, wenn man sie schmiedet, nie genauso passieren wie vorher festgelegt, vor allem eben Zeitpläne. Allgemein lernen wir im Startup jeden Tag neues dazu, was jeden Tag zu einer neuen Herausforderung macht… im positiven Sinne!
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?
Bei unserem Team, definitiv. Mit dem momentanen Aufbau bin ich und sind meine Mitgründer:innen sehr zufrieden. Wir arbeiten super zusammen und können auch schwierige Hürden zusammen stemmen.
Wie ist Euer Startup finanziert ?
Wir sind durch Investoren und Förderungen finanziert. Unser Hauptinvestor ist der Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) und wir erhielten 2018 eine Förderung des BMBF mit der Hochschule in Reutlingen (vor unserem Umzug nach Leipzig).
Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?
Wir wollen eine DiGA werden und haben eine große Studie mit 320 Probanden zum Nachweis der positiven Versorgungseffekte von Rehago vorbereitet. Technologisch wollen wir Handtracking zu Rehago bringen und remote die VR-Brillen bei unseren Kunden verwalten können.
Vielen Dank für das Interview.
One thought on “Rehago – das Reha-Heimtraining nach einem Schlaganfall, das Spaß macht und motiviert, täglich zu trainieren”